Neue Räume und Formen der Präsentation

Der 38. Internationale Museumstag

Seit 1978 findet jährlich der Internationale Museumstag statt, um auf die Vielfalt und Relevanz von Museen aufmerksam zu machen. Am 17. Mai lud die Villa Schöningen Kulturstaatsminister a.D. Michael Naumann, den Architekten Jürgen Mayer H., den künstlerischen Leiter von Forecast Freo Majer und den Journalisten Peter Schiering ein, um jüngste Entwicklungen in der Präsentation von Kunst, Design, Architektur und visueller Medien zu diskutieren.

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Auf die Frage von Peter Schiering hinsichtlich seiner ersten interessanten Museumserfahrung, erzählte Michael Naumann von einer Ausstellung in seiner Heimatstadt, die ihn als Kind beinah dazu gebracht hätte, ein Exponat zu stehlen. Jürgen Mayer H. hingegen beschrieb eine Skulpturensammlung, deren Anordnung ihm keine andere Wahl ließ, als eine der Skulpturen um 90 Grad zu drehen. Und Freo Majer erklärte, wie der Raum „Enlightenment“ im British Museum ihm nicht einzelne Artefakte, sondern ein ganzes Feld von Assoziationen eröffnet hat und ihm so einen neuartigen Erfahrungsraum bot.

Die gegenwärtige Kulturproduktion ist geprägt von einer Vielfältigkeit, die zunehmend globale Perspektiven wie auch interdisziplinäre Ansätze verfolgt. Die Institution des Museums mit ihrer jahrhundertelangen Tradition muss auf diese Veränderungen reagieren, ohne aber die Grundgedanken des Sammelns, Bewahrens und Präsentierens zu verlieren. Während der Diskussion rückte zudem ein anderer Aspekt des Museums in den Vordergrund: das Museum als Plattform für einen Dialog.

Im Gespräch über die Zukunft des Museums und seiner kommunikativen Potenziale zweifelte Jürgen Mayer H. insbesondere an der Notwendigkeit von Disziplinen und fragte nach den Vor- und Nachteilen dieser Kategorisierungen. Aus seiner Sicht sind es gerade das Überschreiten disziplinärer Grenzen und die Entgrenzungen der Künste, die einen übergreifenden Dialog ermöglichen. Jürgen Mayer H. denkt in den Dimensionen neuer Sammlungskonzepte und architektonischer Umgestaltungen, welche die Ausstellungsräume als transformative und performative Räume organisieren. Innerhalb dieser Strukturen sieht er etwa die Möglichkeit zu zeigen, welche Exponate aus der Sammlung nicht gezeigt werden und so kuratorische Entscheidungen transparenter und die kuratorische Tätigkeit befragbar zu machen. Im Zusammenhang mit Forecast betonte Freo Majer, dass nicht nur materielle Artefakte, sondern auch Ideen dargestellt werden und mehr Raum in einer künftigen Museumslandschaft gewinnen könnten. Insbesondere die Prozesse, wie sich diese Ideen zu etwas Greifbarem formen oder im immateriellen Zustand fortexistieren, sind ein interessanter Aspekt der kulturellen Entwicklung. Michael Naumann wies schließlich darauf hin, dass auch zu viel Kommunikation nicht unbedingt erstrebenswert ist. Er unterstrich die subjektive Ebene des Museumserlebnisses, vornehmlich die Fähigkeit, sich in die Kunst zu vertiefen und eine eigene Perspektive hinsichtlich des Gezeigten einzunehmen – egal was der Audioführer sagt. Vor diesem Hintergrund erscheinen die eingangs erwähnten persönlichen Erfahrungen in einem anderen Licht. Sie stehen für eben jene persönliche Auseinandersetzung zwischen den Betrachtenden und dem Kunstwerk, und verweisen auf die Vielzahl von Ansichten, die Museen und ähnliche Institutionen in der Lage sind zu ermöglichen.

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Freo Majer
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Peter Schiering
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Jürgen Mayer H.
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Michael Naumann

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Fotos: Mathias Völzke