Interview

Eine virtuelle Landkarte radikaler Aktivisten

Im Gespräch mit Arne Vogelgesang und Eric Joris

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Wie habt ihr beide angefangen, an Arnes Projekt zu arbeiten?

Eric: Es gab die Idee, dass sich Arne zusammen mit meinem Team und mir von CREW an einem Projekt beteiligt, das in Bezug auf den technologischen Aufbau einige Ähnlichkeiten mit seinem Ansatz hat. Es ging um Sterne, Astronomie, und physisch anwesende Menschen innerhalb einer virtuellen Umgebung. Wir interessierten uns für eine Form von Präsenz, in der zwei Welten zur selben Zeit existieren und sich überlappen. Ich denke, wir sind uns beide darin einig, dass eine rein virtuelle Erfahrung nicht besonders interessant ist. Vielmehr interessiert es uns, Virtualität zu „bewohnen“, oder umgekehrt das Virtuelle in die Wirklichkeit einzubringen.

Wir hatten unsere erste gemeinsame Arbeitswoche in Brüssel im letzten Jahr. Es ging darum, zu experimentieren, wir haben ein paar Dinge mit einer neuen Software ausprobiert, die verschiedene Elemente auf eine gute Weise zusammenbringt. Arne hat sich kreativ an dem Projekt beteiligt und in den abschließenden Aufführungen, die wir letztes Jahr in Belgien und in Frankreich hatten, hat er die Ergebnisse als eine von mehreren Stimmen in der Installation vorgestellt.

Welche Ähnlichkeiten oder Unterschiede gibt es in euren Arbeitsweisen?

Arne: Ich würde unsere Arbeit so beschreiben, dass es mehrere Episoden gibt, die zusammen kommen, also als eine projektbasierte Arbeit. Es gibt kaum etwas, das wir ununterbrochen tun und Phasen mit Schüben, und dann wieder ruhigere Phasen. Gleichzeitig ist mein Eindruck, dass wir beide eigentlich besser arbeiten, wenn wir in einer intensiven Arbeitsbeziehung sind, zusammen an einem Ort, an dem man sprechen und Dinge ausprobieren kann. Ich hatte eine sehr klare Vorstellung von meiner Rolle und den Möglichkeiten bei Forecast. Ein Teil war das Forecast Forum im August. In der zweiten Phase ging es darum, zusammen mit Eric und CREW während dieser intensiven Arbeitswoche in Belgien zu sein. Dann haben wir uns erneut für die Aufführungen in Belgien und Frankreich im November und Dezember letzten Jahres getroffen. Das waren die Schübe. Und der nächste Schub ist nun das Forecast Festival Ende Februar.

Gleichzeitig war es sehr vertrauensvoll von Eric und CREW, mich einfach einzuladen und zu sagen: „Mal sehn, was dabei herauskommt!“ In diesem Sinne wurde diese Einladung Teil des gesamten Prozesses zwischen Eric und mir. Außerdem war das die beste Möglichkeit, ein Verständnis für die Technologie, mit der wir nun arbeiten, zu entwickeln, und – ganz wichtig – uns gegenseitig kennenzulernen. Das ist doch immer der schwierigste Teil, oder?

Da wir gerade vom Kennenlernen sprechen: Welchen Eindruck habt ihr, neben den technischen Herausforderungen, von der Idee des Mentoring und eurer Rolle dabei?  

Eric: Es ist relativ einfach. Mich interessiert Arnes Arbeit, nicht nur wegen der Arbeit an sich, auch bezüglich der Richtung, in die sie zeigt. Ich muss ihm nichts beibringen oder ihm den Weg zeigen. Es gibt eher einen Weg, den wir sehen, und den wir gemeinsam versuchen einzuschlagen, um dann zu sehen, wie ich und CREW Arne unterstützen können.

Und für mich ist es auch sehr interessant zu sehen, was in Arnes Bereich vorgeht, mit seinem Hintergrund in Theater und Performance.

Arne: In dieser sehr unterstützenden Beziehung zwischen Eric, CREW und mir versuche ich normalerweise, so wenig kreativ wie möglich zu sein. Das versetzt mich in die Lage, mich auf die Technologie zu konzentrieren, und auf den Inhalt des Materials, dem ich begegne. Das funktioniert ziemlich gut. Jetzt kann ich ein paar der Dinge, die wir in Belgien und Frankreich gemacht haben, übernehmen, und das mit meinem Material zusammenbringen. Prozesse der Verkörperung und des virtuellen Eintauchens, mit denen ich gearbeitet habe, können auf qualitativ hochwertigen Ebene realisiert werden, da CREW mit dem gleichen System arbeitet, das auch die Film- und Game-Industrie verwendet. Das verschafft mir die Gelegenheit, mich auf das Eintauchen in eine virtuelle Umgebung in Bezug auf politische Subjektivität zu konzentrieren.

Da wir gerade von politischen Inhalten sprechen: Kannst du bereits etwas dazu sagen, was wir auf dem Festival sehen werden?

Arne: Es wird eine Menge Propaganda geben: es wird Nazis geben, es wird Jihadisten geben, es wird viele schreckliche Dinge geben, die gleichzeitig dazu tendieren, auch ziemlich witzig zu sein. Was wir während des Festivals tun werden, ist folgendes: Besucher können bei Interesse am gesamten Prozess teilnehmen. Wer schon immer mal einen Motion-Capturing Anzug tragen wollte, kann dabei sein. Es gibt da natürlich einen Deal: du kannst die Technologie benutzen, wenn du bereits bist, uns deinen Körper, dein Gesicht oder deine Worte zur Verfügung zu stellen. Nichts ist umsonst hier. (Lacht)

Also muss man sich vielleicht politisch ein wenig kompromittieren. Wenn das aber nicht funktioniert, können wir unsere Arbeit trotzdem machen. Es ist nicht zwingend eine partizipative Performance. Wenn du aber bei der Sache mitmachst, wirst du alles sehen können, was wir tun.

Hier gibt es weitere Informationen zu Arne Vogelgesang’sProjekt Mirror Stage / Glühende Landschaften.